Fotografieren heißt für mich sehen lernen.
Ich fotografiere die natürliche Umwelt, wie sie mir an meinem Wohnort in Schleswig-Holstein begegnet: ich fotografiere Felder, Bäume, Baumrinde, Erde, Sand, Wolken, Wasser, Spiegelungen, Horizonte, Eis, Schnee, Stein, Wände, Spinnweben u.a. und suche dabei nach Perspektiven, Strukturen, Farben und Formen, die sich gewöhnlich dem Blick entziehen. Im Alltag halten wir Abstand, sehen flüchtig, legen fest, ordnen ein, wissen Bescheid und schauen nicht mehr genau hin, weil wir und unsere Augen ständig in Bewegung sind und wir uns nicht die Zeit nehmen, die Dinge genau zu betrachten.
Beim Fotografieren nehme ich mir diese Zeit, schweife umher, halte an, hole heran, vergrößere, erprobe Perspektiven, beobachte Lichtverhältnisse und sammle mit der Kamera Bilder, die nicht unmittelbar Sichtbares in den Blick rücken.
So auch bei dem, was ich Zerspiegelungen nenne. Ich wohne in der Nähe des Wassers, in der Nähe von Hafenorten und beobachte dort vor allem Spiegelungen auf dem Wasser – Spiegelungen von Schiffen, Masten, Pfählen, Leuchttürmen, Netzen, Gittern, Brücken, Häusern, aber auch Bäumen, Sträuchern und Schilf
Ich nehme diese Spiegelungen unabhängig von den Objekten, die sie abbilden, genauer in den Blick: ich hole sie heran, betrachte sie bei unterschiedlichem Licht und beobachte, wie sie sich verändern, wenn sie durch Wellen gebrochen werden. Dabei habe ich entdeckt, dass ich eine für mein Auge nicht sichtbare Vielzahl von Formen und Farbnuancen freilegen kann, wenn ich die von Wellen bewegten Spiegelungen mit der Kamera fixiere. Ich nenne die Bilder, die dabei entstehen, Zerspiegelungen, weil sie etwas festhalten und sichtbar machen, was ich nicht sehen kann, was zugleich sichtbar und unsichtbar ist und was die Spiegelungen – meine Bilder von ihnen – auflösen und in abstrakte Formen zerlegen.
Spinnweben
Zerspiegelungen Grafik
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