Gedichte

Mauer-Blicke

Als Kind
habe ich mit Lust
Mauern gebaut und umgeworfen.
Später
bin ich gegen sie gerannt,
und hab sie
immer wieder aus sicherer Distanz
gestürmt
und die Wunden geheilt
vom Rennen
gegen die Mauern.
Mühsam
habe ich gelernt,
die Arbeit zu sehen,
die Schönheit und die Schatten
und Blicke zu werfen
im Schutze
von Mauern.
Heute
trage ich
Stein für Stein
Mauern ab,
um Wege zu legen
und Ruheplätze
in die Gärten.
Wer Mauern kennt,
braucht keine mehr zu bauen.

 

älter werden

Am Wasser gefunden
suche ich
nach den Formen,
die der Baum
vergessen hat
auf seinem Weg nach oben:
unberührt
nur die Steine,
die sich in den Weg stellten
und die nun
am Ende des Weges
immer leichter
ins Gewicht fallen.

 

Spiegelbilder

Die Schiffe im Hafen stehen Kopf
und zerfallen in ihre Teile.
Vom Himmel getönt
legen Wellen an
und hinterlassen Falten.
Farben laufen aus
und zerspiegeln den Blick.
Halte ein,
hole heran,
halte fest,
bevor dir die Zeit
die Sicht nimmt
und die fremden Bilder.
Wer mit der Zeit geht,
hat Schwierigkeiten gegen den Strom zu schwimmen.

 

laufen und anhalten

Unaufgeregt der Morgen.
Wind still
suche ich den Weg,
wo der Himmel
in Wolken schwimmt
und die Felder
den Horizont absuchen.
Während sich die Sonne
frei macht,
tauche ich ins Wasser
und ziehe meine Bahn,
bevor mich die Hitze
auf Trab bringt

Zur Ruhe gekommen
halte ich ein
und lasse die Dinge
Farbe bekennen
und Formen:
sehen, um zu gestalten.
sammeln, um zu erfinden
fotografieren, um fest zu halten
träumen, um zurecht zu finden
formen, um zu entdecken
weglassen, um Neugier zu wecken
berühren, um zu begreifen,
warten, um zu reifen
schweigen, um nicht zu reden
und sich zu traun
die Hände ins Feuer zu legen

                  *

Kalt geschlagen
erstarren die Bäume
zu Stein.
Grau
warten Höfe auf Licht.
Schnee raut
die Äcker auf
bis dahin,
wo die
Schwäne tanzen
und zum Himmel
schreien.
Gelassen
geben Hirsche
die Spur auf.
Unter ihrem Blick
laufe ich dem Horizont nach
und spüre,
wie die Luft
zurückkehrt
und die Wärme.

*

Endlich
das Licht,
das sich über die Felder gießt
und die Erde
zum Schmelzen bringt.
Nebel atmend
tun sich am Rande des Himmels
Wälder zusammen
und leisten Widerstand.
Allein
die Sonne zerfließt
und lässt Wärme abtropfen.
Geblendet
taumele ich voran,
wobei mich die Füße
auf Trapp halten.

*

Eisig
schneidet der Wind ins Gesicht
und hält den Frühling
am Boden:
grau, grauer,
grau hängt der Himmel ab
und jagt den Ostwind
durch Tage,
an denen Hasen
von Eiern träumen
und Fasanen
der Erde die Augen aushacken.
Worauf warten,
wenn selbst das Grün
schwarz sieht und
Schimmel ansetzt.

*

Von der Sonne getönt:
Nebel –
Zeichen,
die das Grün auf
Sparflamme halten
und den Äckern
Konturen geben.
Während das Licht wächst
und Wärme versprüht,
legen Blätter Farbe an
nach diesem Sommer,
der uns so kalt
erwischt hat.

*

Gelb
nimmt mir der Duft
den Atem
vom Raps, der
Sonnensegel
über die Felder
spannt.
Während der Ostwind
noch immer
den Himmel aufraut,
haben die Bäume
Blätter angelegt
und träumen
vom Sommer.